
Ein „Tiengener Urgestein“ mit musikalischem Seltenheitswert ist am Samstag beim Jahreskonzert der Stadtmusik Tiengen offiziell verabschiedet worden: Egon Steinegger, wohnhaft im Homburg hat fast 66 Jahre auf der Trompete und später auf der Tuba in einem Blasorchester mitgespielt. Zuerst bei der Stadtmusik Engen am Kaiserstuhl und danach fast 60 Jahre lang bei der Stadtmusik Tiengen.
„Ich vermisse es schon, ich habe mich immer wohl gefühlt, es war gut, dass ich so viele Jahre dabei war“, fasst der 79-jährige gelernte Schreiner und langjährige Werksleiter der Lonza seine musikalische Laufbahn zusammen.
Seit sich die Stadtmusik Tiengen im Jahre 1949 neu formierte, war Egon Steinegger aktives Mitglied. Instrumente waren in den Nachkriegsjahren ein eher seltenes Gut: „Es gab immer mal wieder Problem beim Besorgen“, erinnert sich der Musiker. Gespielt wurde Unterhaltungsmusik, hauptsächlich Marschmusik. Damals war die Stadtmusik ein reiner Männerverein mit kaum 30 Musikern.
Erst in den 60er Jahren, als in der Jungmusik ein paar Mädchen mitspielten, hätte es sich geändert. Zusammen mit seiner Frau Annalies denkt er gerne an die Anfangszeiten zurück. Lehrer Franz Haas war einer der ersten Dirigenten: „Turnerisch Begabte hat er in den Turnverein geschickt und musikalisch Begabte zu uns.“ Alle zwei Jahre ging die Stadtmusik auf Reisen. Die erste führte 1952 in den Schwarzwald. Wien, die Insel Helgoland, Venedig, und viele andere Orte hat Egon Steinegger mit seinen Musikerkollegen kennen gelernt.
Unvergessen sind ihm eine Fahrt auf einem Kreuzfahrtschiff nach Triest und eine Planwagenfahrt mit Hindernissen in der Lüneburger Heide in den 70er Jahren. Als der Bus sie wieder holen wollte, sei er im Sand versunken und das Feuerwehrauto, das in rausziehen sollte, ebenso. Viele lange, gesellige Abende nach Proben hat Egon Steinegger im Kreise seiner Kollegen verbracht. Und bei Versammlungen wäre es auch schon mal turbulent zugegangen: Einmal sei erst nachts um 2 Uhr ein neuer Vorsitzender gefunden worden.
Große Konzerte hat Egon Steinegger erlebt: Das Bezirksmusikfest mit einer amerikanischen Militärkapelle im Jahre 1956, das Verbandsmusiktreffen in Singen und „Bayrische Abende“, bei denen die Musiker in Lederhosen aufgetreten wären. Und natürlich die unzähligen Jahreskonzerte: „Die Qualität ist immer besser geworden, die Stadtmusik hat immer gute Dirigenten gehabt. Auch heute. Sie sind der Garant für gute Blasmusik“, ist Egon Steinegger überzeugt.
Zum ersten Mal hat er am Samstag das Jahreskonzert als Zuschauer erlebt: „Es war wirklich sehr schön, es gehört viel dazu, das was beim Jahreskonzert zu hören war, zu spielen.“